Nach zwei herausfordernden Jahren gewinnt der deutsche Private Equity-Midmarket wieder an Fahrt. Die US-Zollpolitik lenkt internationale Investoren verstärkt nach Europa, doch neue Konkurrenten fordern etablierte Markteilnehmer heraus.
Die aktuellen Zahlen des FINANCE Midmarket-Private-Equity-Monitor, den die FINANCE-Redaktion zwei Mal jährlich in Zusammenarbeit mit der Deutschen Beteiligungs AG (DBAG), erhebt, zeichnen das Bild einer Branche im Umbruch: Nach einer schwierigen Phase mit gedämpfter Stimmung und zurückhaltender Investitionsaktivität zeigt sich der deutsche PE-Markt wieder robuster aufgestellt. Der Dealflow zieht merklich an, das Recruiting gewinnt an Dynamik, und Wachstumsthemen stehen wieder im Zentrum der Portfolioentwicklung.
Europa rückt in das Visier internationaler Investoren
Ein wesentlicher Katalysator dieser Entwicklung ist die veränderte geopolitische Lage. Die angekündigte US-Zollpolitik der neuen Administration sorgt für eine strategische Neuausrichtung internationaler Kapitalströme. „Der anziehende Dealflow bestätigt unsere strategische Ausrichtung auf digitale Geschäftsmodelle und Software-getriebene Lösungen", kommentiert Tom Alzin, Sprecher des Vorstands der Deutschen Beteiligungs AG. „Wir sehen Europa als attraktiven Investitionsstandort, gerade weil sich US-Investoren aufgrund der neuen Zollpolitik neu orientieren müssen", führt Tom Alzin weiter aus.
So planen, laut Invest Europe, Fondsinvestoren aus den USA 15 bis 20 Prozent ihrer Private-Equity-Allokationen nach Europa umzuschichten – ein Anstieg von 25 bis 30 Prozent gegenüber 2024. Dies wird zusätzlich beflügelt durch die neue 5-Prozent-Infrastrukturquote sowie die Erhöhung der Private-Markets-Allokationsobergrenze für Versicherungen und Pensionskassen auf 40 Prozent.
Während sich die Investitionsbereitschaft in Nordamerika aufgrund regulatorischer Unsicherheiten reduziert, verzeichnet der europäische PE-Markt zunehmend Interesse internationaler Fonds. Die politische Stabilität, entwickelte Rechtsstrukturen und der starke Mittelstand machen Deutschland zu einem bevorzugten Zielmarkt für Private Equity-Investitionen.
Exit Readiness wird zum strategischen Imperativ
Parallel zur Belebung der Investitionsaktivität rückt ein Thema verstärkt in den Fokus: Exit Readiness. Nach Jahren verlängerter Haltedauern und komprimierter Renditen, entwickelt sich die Vorbereitung von Portfoliounternehmen auf den Verkauf zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil.
Die Herausforderung liegt dabei nicht nur in der operativen Optimierung, sondern auch in der strategischen Positionierung gegenüber einer neuen Käufergeneration. Diese erwartet dokumentierte EBITDA-Verbesserungen, validierte Wachstumsstrategien und klar artikulierte Wertsteigerungs-Aspekte, die bereits 12 bis 36 Monate vor dem geplanten Exit implementiert werden müssen.
Neue Konkurrenten fordern etablierte Player
Doch der Optimismus wird durch strukturelle Veränderungen im Wettbewerbsumfeld gedämpft. Mit 67 Prozent der Befragten sehen PE-Manager Industrieholdings als ihre stärkste Konkurrenz, dicht gefolgt von Family Offices mit 60 Prozent. Diese neuen Player verfügen über längere Investitionshorizonte, geringere Renditezwänge und oft über branchenspezifisches Know-how.
Jannick Hunecke, Mitglied des Vorstands der Deutschen Beteiligungs AG, analysiert: „Die sich verändernde Wettbewerbslandschaft Konkurrenz fordert etablierte Private-Equity-Player heraus, operative Exzellenz und Governance-Expertise noch stärker zu differenzieren.“ Ferner führt er aus: „Der Markt wird selektiver, aber auch ertragreicher für jene, die in Transformationskompetenz investieren."
Diese Entwicklung fordert von traditionellen PE-Häuser eine Schärfung ihres Werteversprechens und innovativere Ansätze in der Portfolioentwicklung.
Wachstumsthemen im Zentrum der Strategie
Ein positives Signal senden die Studienergebnisse bezüglich der wieder erstarkenden Fokussierung auf Wachstumsthemen. Nach Jahren der Kostensenkung und operativen Effizienzsteigerung rücken der Ausbau neuer Geschäfte, Service-Erweiterungen und strategische Add-ons wieder in den Vordergrund der Wertschöpfungsstrategien.
Besonders profitieren davon Sektoren wie Software und IT-Services, Healthcare-Technologien sowie nachhaltige Industrielösungen. Diese Bereiche bieten nicht nur resiliente Geschäftsmodelle, sondern auch das für PE-Investoren attraktive Skalierungspotential.
Ausblick: Selektive Erholung mit strukturellem Wandel
Die Daten des Monitors verdeutlichen: Der deutsche PE-Midmarket steht am Beginn einer selektiven Erholung. Während die fundamentalen Rahmenbedingungen von der Zinspolitik bis zur regulatorischen Stabilität eine positive Entwicklung unterstützen, erfordert das veränderte Wettbewerbsumfeld strategische Anpassungen.
Erfolgreiche PE-Häuser werden jene sein, die ihre traditionellen Stärken in Governance und operativer Wertsteigerung mit innovativen Wachstumsstrategien und professioneller Exit-Vorbereitung kombinieren. Der Markt honoriert zunehmend nicht mehr nur Financial-Engineering-, sondern vor allem echte Transformationskompetenz.
Die kommenden Monate werden zeigen, welche Player die Herausforderungen dieser Wendezeit erfolgreich meistern und sich für die nächste Wachstumsphase des deutschen Private-Equity-Marktes positionieren können.
Der FINANCE Midmarket-Private-Equity-Monitor erscheint zwei Mal pro Jahr, basiert auf einer Umfrage unter führenden, in Deutschland tätigen Private-Equity-Häusern und bietet umfassende Einblicke in aktuelle Marktentwicklungen und Zukunftsperspektiven.
Die komplette Studie finden Sie auf Finance-Magazin.de (Paywall).